Leseprobe

Die Bank am Haus    

 

Eine Suche nach dem kleinsten gemeinsamen Nenner.

 

            von   

 

 

Martina Rockstroh

 

 

 

 

 

Jede öffentlichen Wiedergabe, auch von Teilen des Textes, bedarf einer ausdrücklichen vorherigen schriftlichen Zustimmung der Autorin Martina Rockstroh in Form eines Aufführungsvertrages in dem alle Modalitäten festgelegt werden. 

 

 

 

 

Personen

 

Anton

 

Ilse

 

Flüchtling, genannt Sohn (Statist)

 

Anni

 

Maria

 

Harald (Statist)

 

Vroni

 

Klara

 

 

 

 

 

 

Ort:

Bank am Haus.

 

 

Vielleicht Vroni mit Gitarre, oder Leierkasten, oder nur Gesang und mit Zeigestock und Bildern; 

 

Text:

Aus dem Land im fernen Süden,

wo Tyrannen grausamst sind,

Mütter schänden, Väter töten,

flieht ein Sohn, die Flucht ist lang.

 

Seine Kleider sind zerschlissen,

und sein Hunger riesengroß,

in der Hand fest die Adresse,

die sein Ziel in höchster Not.

 

Nach unendlich vielen Tagen,

findet er das richtge Haus,

dass ihn aufnimmt ohne Fragen,

scheinbar wendet sich sein Los.

 

Doch das Schicksal ist nicht gnädig,

treibt ihn fort von diesem Ort,

in die Hände von Verbrechern,

und der Tod, er holt ihn doch.

 

 

 

 

 

 

                            Akt I

 

                            Szene 1

 

 

 

 

 

Sohn: Kommt gerannt, kriecht unter die Bank, auf der Anton und Ilse sitzen.

 

Anton zieht ihn am Ohr raus:  Na du Rotzlöffel, was hast du ausgefressen?

 

Ilse betrachtet ihn von oben bis unten: Der ist nicht von hier, ein halbes Kind und hungrig.

 

Sohn: Hat Schüssel mit Katzenfutter in der Hand und stopft das Futter in sich rein.

            

Anton: Hau ab

 

Ilse:  Wo soll er denn hin, wenn er nicht von hier ist?

 

Anton: Ja, dann ruf die Polizei oder das Jugendamt.

 

Ilse: Das hat Zeit. Betrachtet ihn. Der bekommt erst mal was zu essen und ein Bad. Wie heißt du? What`s your name ? Comment tàppelles tu? Come ti chiami? Kak tepja sawut? Schiebt ihn ins Haus.

          

Anton: Verdreht die Augen. Weiber - Du machst dich strafbar. Zündet    sich eine Zigarette an. Die bringt mich noch um, die bringt mich seit 40 Jahren um.

 

Anni: von oben aus dem Fenster: Das einzige, was dich noch mal umbringt sind die Zigaretten. Arme Ilse!!!!

 

Anton: Der passiert schon nichts, solange sie die Welt retten kann.

 

Anni: Was?

 

Anton: Ach nichts!

 

Anni: Lässt du mal die Katzen raus, ich schick sie dir runter.

 

Anton: Handlich verschnürt oder dürfen sie heute laufen?

 

Anni: Was?

 

Anton: Ja, ja, lass kommen! Lässt die Katzen raus.

 

Ilse kommt, setzt sich wieder neben Anton.

 

Anton: Was macht er?

 

Ilse: Schläft.

 

Anton: Wo?

 

Ilse: Im Bett.

 

Anton: In meinem Bett?

 

Ilse:  In unserem, ich habe es frisch bezogen.

 

Anton:  Das ist ja wohl das mindeste,...... hinterher! Du der kann nicht bleiben.

 

Ilse:  Wir könnten erst mal im Wohnzimmer, neben dem Sofa , ein

            Klappbett aufbauen. Später findet sich eine bessere Lösung.

 

Anton: Ich kenne dich !!!!! Erst ist es einer, dann 3, dann 5... Wir können hier nicht die ganze Welt aufnehmen!!

 

Ilse:  Den einen schon.

 

Anton:  Und die Behörden? Denkst du die nicken das so einfach ab?

 

Ilse: Dein Part, du spielst doch so gern Computer. Du kriegst das schon raus. Ich geh mal wieder rein.

 

Anton: Warum Ilse?

 

Ilse : Es könnte Tayo  sein, oder?

 

Anton: Ilse… er ist es nicht.

 

Ilse: Er könnte es aber sein, lächelnd, du weißt doch Tayo – „geboren um glücklich zu sein“.

 

Klara kommt mit einem großen Einkaufskorb.

 

Klara: Hallo Anton, braucht ihr etwas aus dem Kaufland? Anni und ich fahren einkaufen.

 

Anton klopft ans Fenster, Ilse öffnet.

 

Anton: Brauchen wir was aus dem Kaufland?

 

Ilse: Weiß noch nicht genau, was ich alles brauche. Ich fahre später selber noch in die Stadt. Aber danke Klara!

 

Klara: Dann nicht, bis später.

 

Klara geht.

 

Anton: Es könnte ein Tayo  sein. Nickt, geht ihr hinterher ins Haus.

 

Die Katzen spielen oder schleichen durch den Garten und schnuppern an den Blumen. Der Wind bewegt leicht die Bäume. Eine Hummel brummt laut..........Idylle pur inmitten der Großstadt.

 

Anni und Klara kommen mit schweren Einkaufstaschen um die Ecke. Beide lassen sich mit einem lauten Seufzer auf die Bank „fallen“.

 

Anni: „Endlich Sonne.“

 

Beide krempeln die Hosenbeine und T-Shirt oder Blusenärmel hoch, strecken die Beine genüsslich aus und lassen sich mit geschlossenen Augen von der Sonne bescheinen.

 

 Plötzlich lautes Kinder Lachen und Rufen, dazwischen unterhalten sich zwei Frauen

und ein Mann telefoniert. Alles auf Polnisch.

 

Maria kommt um das Haus, sie schiebt einen Kinderwagen mit einem weinenden Baby auf das sie, auch in Polnisch, beruhigend einspricht an Anita und Klara  vorbei. Sie stellt den Kinderwagen ins Treppenhaus und geht mit dem Kind in die Wohnung.

 

Anni:  Die grüßt nicht mal.

 

Klara: Und den Kinderwagen hat sie auch schon  wieder vor die Kellertreppe gestellt.

 

Plötzlich wieder Ruhe. Man hört ein Auto wegfahren.

 

Anni + Klara gemeinsam: „Endlich“.

 

Nach kurzer Pause.

 

Klara: Mit Anton und Ilse stimmt was nicht. Die fährt doch sonst immer mit ins     

           Kaufland. Weißt du was? Vielleicht ist sie krank.

 

Anni: Das glaube ich nicht. Gestern war da stundenlang laut Musik zu hören und was für ein Gejaule. Und hast ja gehört. Sie fährt selber.

 

Klara:    Ich sag ja, da stimmt was nicht…..Jetzt hat der Max  (Kater) die Liesa 

             (Katze ) quer durch die Glockenblumen gejagt. Lacht. Der hat`s    faustdick hinter den Ohren.

               

Anni: Sag mal riechst du das auch? Riecht wie Erdnuss mit Knoblauch…mein Gott stinkt das!!

 

Klara: Ich sag doch…. Da  stimmt  was  nicht.

 

Anni + Klara gehen ins Haus.

Es wird dunkel. Harald geht, bepackt mit 2Koffern und einem Rucksack, zur Arbeit? Aus dem Fenster von Ilse und Anton klingt leise nigerianische  Musik.

Dann ein furchtbar lauter Knall……..Stille

 

 

 

 

 

 

                                   

                                                

 

 

                                                

                                                    Szene 2

 

 

 

Anton liest in der Zeitung / Ilse zupft Unkraut / Auf dem Gartentisch stehen Gläser 

Wasser.

 

Anton:  „Was macht unser Sohn?“

 

Ilse: Hat heute Nacht mehrere Stunden zitternd unterm Bett gelegen. Dachte es sei eine Granate explodiert.

 

Anni kommt dazu.

 

Anni: Granate? Im Radio haben sie gesagt, jemand hat den Bankautomaten in der Unterführung gesprengt…. Wird immer verrückter. Den Kiosk an der

 Tankstelle sollen die ja auch überfallen haben.

 

Vroni kommt dazu.

 

 Vroni: „Guten Tag“ geht zur Haustür, klingelt und geht hinein.

 

Anni:  Kennt ihr  die?

 

Anton: Welche -  die - ? 

 

Anni: Na die Frau eben.

 

Ilse: Harald zieht aus. Vielleicht sieht sie sich die Wohnung an.

 

Anni: Ach ja? Schade war so ein ruhiger, netter  Mieter.

 

Anton: Ich kann auf diesen Möchtegern Nazi gut verzichten.

 

Anni: Wieso, war doch immer  freundlich und hilfsbereit, mir ist egal was jemand denkt, wenn er seine Mitmenschen in Ruhe  lässt.

 

Anton: Und hat er das? Deswegen war er auch mit seinen Kumpels so oft im Wald –   das freundlich sein üben…. Also wer noch mal soll den Kiosk überfallen  haben?

 

Anni: „Na die Marokkaner!“

 

Anton sieht Ilse an: Tja alles Verbrecher!

 

Ilse zu Anni mit Blick zu Anton: Woher hast du diese Weisheit denn schon wieder.

 

Anni: Haben sie bei  Klara auf der Arbeit erzählt, sie hat es mir direkt gemailt.

 

Anton steht auf: Ich muss dann mal….zu Ilse…. „ein paar unaufschiebbare Dinge erledigen.

 

Ilse:  Danke dir… wirklich!

 

Klara kommt, setzt sich auf die Bank als hätte sie gerade einen Marathon hinter sich.

 

Ilse: Ist dir nicht gut?“ Gibt ihr ein Glas Wasser.

 

Klara: Frag nicht, der schlimmste Tag meines Lebens.

 

Anni setzt sich neben sie auf die Bank.

 

Anni. Erzähl!!“

 

Klara: Im Haus gegenüber, also gegenüber von meinem Büro, ist plötzlich das SEKaufgetaucht. Volle Montur, bewaffnet bis unter die Zähne, ein Hubschrauber  ist über uns gekreist.

 

Anni: Und?

 

Klara: Und dann haben sie das Haus gestürmt. Es war wie im Film, irgendwie 

unwirklich. Erst habe ich am Fenster gestanden, aber dann sind mir die Knie 

weich geworden. Wer weiß mit welchen Verbrechern  ich da Visasvis die letzten Jahre verbracht haben.

 

Anni: Gott wie furchtbar!

 

Ilse: Wurde jemand verhaftet?

 

Klara: Ich weiß nicht. Ich konnte ja nicht mehr stehen vor Angst.

 

Ilse: Ich dachte so mehr an euren gut funktionierenden Buschfunk.

 

Anni winkt ab: Komm, wir trinken jetzt erst mal einen Kaffee zusammen, ich habe noch  Käsekuchen im Kühlschrank.

 

Klara und Anni gehen ins Haus.

Anton kommt.

 

Ilse: Das ging ja mal schnell.

 

Anton: 1000 Papiere zum Ausfüllen. Ich habe nicht gesagt, dass er schon hier ist, sondern, dass wir bereit wären einen UMF aufzunehmen.

 

Ilse: UMF????

 

Anton: Unbegleiteter Minderjähriger Flüchtling.